Meilenstein erreicht: Das MICADO-Instrument für das Extremely Large Telescope (ELT) hat die abschließende Designprüfung bestanden

3. September 2024

MICADO (Multi-AO Imaging Camera for Deep Observations), die leistungsstarke hochauflösende Kamera für das Extremely Large Telescope (ELT) der Europäischen Südsternwarte ESO, ist eines von vier großen Messinstrumenten, mit denen das derzeit im Bau befindliche größte Teleskop der Welt für den sichtbaren und infraroten Wellenlängenbereich noch in diesem Jahrzehnt seinen wissenschaftlichen Betrieb in Chile aufnehmen wird. Nun hat das Instrument die abschließende Designprüfung (Final Desin Review = FDR) bestanden – ein großer Meilenstein auch für das Team des MPIA, das am Bau des High-Tech-Instruments beteiligt ist.
 

Wie bei allen modernen Teleskopen muss auch das vom 39m-Hauptspiegel des ELT gesammelte Licht der Himmelsobjekte im Fokus von High-Tech-Messinstrumenten wie speziellen digitalen Kameras und Spektrographen verarbeitet werden. MICADO wird es erlauben, mit dem ELT Direktbilder und Langspaltspektren im Wellenlängenbereich zwischen 0.8 und 2.4 Mikrometern in bisher unerreichter Qualität aufzunehmen. Dies wird nahezu alle Gebiete der modernen astronomischen Forschung wesentlich voranbringen. Dank adaptiver Optik (AO), mit der die durch Turbulenzen in der Erdatmosphäre erzeugte Bildunschärfe in Echtzeit korrigiert werden kann, wird die Bildqualität von MICADO beugungsbegrenzt sein und sogar die Auflösung des James Webb Weltraumteleskops (JWST) um bis zu einen Faktor 6 übertreffen können.

Insgesamt zehn Institutionen aus sechs Ländern sowie der ESO selbst bilden das internationale Konsortium zum Bau des Instruments, welches vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) in Garching geleitet wird. Das MPIA in Heidelberg liefert die warme Vor-Optik (Umgebungstemperatur) von MICADO, die das Sternenlicht vom Teleskop nahezu verlustfrei hinsichtlich der Empfindlichkeit und Bildschärfe in die kalte Hauptkameraoptik (stickstoffgekühlt, 77K) leitet. Dieses Subsystem bereitet sozusagen den direkt vom Teleskop kommenden Strahl für MICADO auf. Darüber hinaus liefert das MPIA die Kalibrierungseinheit für alle wissenschaftlichen Standardbeobachtungsmodi. Mit Beiträgen zu MICADO und METIS ist das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg gleich an zwei der vier ELT-Instrumente der ersten Generation beteiligt.

Heute hat die ESO nun in offiziell mitgeteilt, dass MICADO den „Final Design-Review“ bestanden hat. Über den Zweck und die Bedeutung dieses wichtigen Meilensteins heißt es in der Original-Pressemitteilung der ESO  u.a. (Übersetzung):

Der Zweck dieses letzten Teils der mehrstufigen abschließenden Entwurfsprüfung bestand darin, den seit mehreren Jahren andauernden Entwurfsprozess abzuschließen. Normalerweise beginnt die Fertigung erst nach der Verabschiedung des FDR, doch damit das MICADO-Projekt weiter in Richtung ELT-First Light voranschreiten kann, wurde bereits vorher grünes Licht für die Fertigung vieler Komponenten und Teilsysteme gegeben. Um die Entwurfsprüfung abzuschließen, arbeiteten die Mitglieder des Konsortiums mit ESO-Mitarbeitern zusammen, um die noch offenen Fragen zum Instrumentenentwurf zu klären. Mit dem Erreichen dieses Meilensteins kann sich das MICADO-Konsortium - ein Team von 150 Personen aus sechs Ländern - nun voll und ganz auf die Herstellung und den Test des Instruments konzentrieren.

Bei der Entwicklung von MICADO stand der Wunsch nach höchster Präzision und Stabilität im Vordergrund, um die erforderliche hohe Empfindlichkeit, Auflösung, astrometrische Genauigkeit und Abdeckung eines großen Wellenlängenbereichs zu erreichen. Um dies in der ELT-Umgebung zu erreichen, wird MICADO oberhalb der Instrumentenplattform installiert, so dass das Licht des Teleskops sowohl an das System der adaptiven Optik, das die atmosphärische Unschärfe korrigiert, als auch an den Kryostaten weitergeleitet werden kann. Hier werden die Optik und die Detektoren kühl gehalten, so dass sie im nahen Infrarotbereich effektiv arbeiten können, ohne Störungen durch andere Wärmequellen. Die detaillierte Funktionsweise des Instruments wird von der Elektronik gesteuert, die größtenteils direkt unter dem Gerät angebracht ist; die Software wird es den Nutzern ermöglichen, ihre Beobachtungen aus der Ferne durchzuführen.

Dank dieser hochentwickelten Konstruktion wird MICADO hochauflösende Bilder des Universums liefern, die die Strukturen und Entstehungsmechanismen entfernter Galaxien offenbaren und es den Astronomen ermöglichen, einzelne Sterne und Sternsysteme in nahen Galaxien sowie Planeten und deren Entstehung außerhalb unseres Sonnensystems zu untersuchen. Darüber hinaus wird MICADO ein einzigartig leistungsfähiges Instrument zur Erforschung von Umgebungen sein, in denen die Gravitationskräfte extrem stark sind, wie etwa in der Nähe des supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxie, der Milchstraße.

In einem englischsprachigen Video mit dem Titel „Meet MICADO, a super-camera for the ELT!“ finden Sie detailleirte Informationen über Bau, Funktionsweise und wissenschaftliche Ziele des bemerkenswerten ELT-Instruments (siehe https://www.eso.org/public/unitedkingdom/videos/elt0001a/).

Weitere Informationen zur genauen Zusammensetzung des MICADO-Konsortium, weitere Webseiten zum Instrument sowie wichtige weitere Kontaktadressen finden Sie auf der ESO-Seite der Originalpressemitteilung.

 

KJ

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