Vorbereitungen für das größte Radioteleskop der Welt
Astronomen simulieren physikalische Prozesse im interstellaren Medium von Galaxien zur „kosmischen Mittagszeit“ für zukünftige SKAO-Beobachtungen
Ein internationales Forscherteam hat nachgewiesen, dass das Square Kilometer Array Observatory
(SKAO) in der Lage ist, Radioemissionen von normalen Spiralgalaxien im frühen Universum zu erkennen. Das SKAO, dessen Bau dieses Jahr begonnen hat, wird bald das größte Radioteleskop der Welt sein. Die Astronomen, die der SKAO-Arbeitsgruppe „Extragalaktisches Kontinuum“ angehören, suchen nach einer Möglichkeit, eine kosmische Ära zu erforschen, in der die Sternentstehungsaktivität nach einer als „Kosmischer Mittag (Cosmic Noon)“ bekannten Epoche plötzlich abnahm. Zu diesem Zweck simulierten sie die physikalischen Eigenschaften des interstellaren Mediums von Galaxien, die der Dreiecksgalaxie (M 33) und der Whirlpool-Galaxie (M 51) ähneln, in einem frühen Zeitalter des Universums. Die Ergebnisse zeigen, dass potenzielle Durchmusterungen empfindlich genug sein sollten, um Galaxien bereits in der ersten Aufbauphase von SKAO zu entdecken.
Im Laufe der kosmischen Entwicklung erlebten die Galaxien nach einer aktiveren Periode vor etwa 10 Milliarden Jahren, dem so genannten „Kosmischen Mittag“, einen Rückgang der Sternentstehungsaktivität. Der Übergang von einer goldenen Epoche der Sternentstehung zu einer geringeren Sternentstehungsrate ist noch immer nicht vollständig verstanden. Ein Rückgang der Menge an kühlem Gas in den Galaxien, das als Brennstoff für die Sternentstehung dient, wird oft als Hauptgrund angesehen. Beobachtungen zeigen jedoch, dass viele Galaxien noch über ausreichend große Gasreserven verfügten, um die Sternentstehung zu ermöglichen.
„Eine andere Möglichkeit ist, dass der Druck von Magnetfeldern, hochenergetische Teilchen und Turbulenzen das kühle Gas in Galaxien zunehmend stabilisierten“, sagt Fatemeh Tabatabaei. Sie ist eine ehemalige Forscherin des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg und Mitautorin der Studie. Jetzt ist sie Fakultätsmitglied am Institute for Research in Fundamental Sciences (IPM) in Teheran, Iran. „Um die Bedeutung dieser Faktoren zu verstehen, sind Studien zur Energiebilanz in Abhängigkeit von der Rotverschiebung erforderlich“, fährt sie fort.
Als Rotverschiebung bezeichnet man das Phänomen, dass die Spektren, die z. B. von Galaxien ausgesendet werden, mit der Zeit aufgrund der Expansion des Universums zu längeren Wellenlängen verschoben werden. Die Rotverschiebung kann direkt in eine Entfernung oder das Alter seit dem Urknall umgerechnet werden.
Um zu beurteilen, ob das künftige Square Kilometer Array Observatory (SKAO) zur Lösung dieses Rätsels beitragen kann, haben die Astronomen die physikalischen Prozesse im interstellaren Medium (ISM) von Galaxien bei unterschiedlichen Rotverschiebungen simuliert. Das ISM besteht hauptsächlich aus Gas und mikroskopisch kleinen Teilchen, die Astronomen als Staub bezeichnen, mit unterschiedlichen Temperaturen, die den Raum zwischen den Sternen durchdringen. Der erste Teil dieser Forschungsarbeit wird heute in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.
Die Beobachtung der Radioemission ist ein wirksames Mittel, um energetische Prozesse in Galaxien zu verfolgen. Diese Emission entsteht hauptsächlich durch die Wechselwirkung von hochenergetischen Teilchen mit Magnetfeldern, einer energetischen Komponente des ISM. Tiefe und räumlich aufgelöste Beobachtungen bei verschiedenen Radiofrequenzen mit SKAO ermöglichen es den Astronomen, diese Prozesse in nahen und fernen Galaxien zu kartieren. „Solche Beobachtungen sind der entscheidende Schritt zum Verständnis der Energiebilanz und der Strukturbildung in Galaxien im Laufe der kosmischen Zeit und geben Aufschluss über die Prozesse, die die Galaxienentwicklung und den Rückgang der Sternentstehungsaktivität bestimmen“, erklärt Eva Schinnerer, Wissenschaftlerin am MPIA und Mitautorin dieser Studie.
„Die Auswahl der Galaxientypen und kosmischen Entfernungen, die für die Untersuchung dieser Prozesse erforderlich sind, ist ein wesentlicher Teil der Vorbereitung auf die eigentlichen SKAO-Daten“, erklärt Mark Sargent vom International Space Science Institute in Bern, Schweiz, Mitautor der Studie und ehemals Wissenschaftler am MPIA.
„In einem ersten Schritt wollten wir die Radio-Kontinuum-Emission aus dem ISM typischer hochrotverschobenen Galaxien simulieren, wobei wir normale, heutige Spiralgalaxien wie M 51, NGC 6946 und M 33 als Vorlagen verwendeten. Unsere Simulation berücksichtigt zwei verschiedene Strahlungsmechanismen, die thermische Bremsstrahlung und die nicht-thermische Synchrotronstrahlung“, beschreibt Masoumeh Ghasemi-Nodehi, Postdoc am IPM und Erstautorin der Forschungsarbeit. „Wir haben gezeigt, dass die SKAO-Phase 1 MID-Radiodurchmusterung (SKA1-MID) die Synchrotronstrahlung in M 51-ähnlichen Galaxien bis zu einer Rotverschiebung von 3 kartieren kann, als das Universum nur 1/7 seines heutigen Alters hatte“, fährt sie fort.
„Wir erwarten, dass sowohl die relativistischen Teilchen als auch die Magnetfelder aufgrund der höheren Sternentstehungsaktivität in diesen frühen Galaxien zu früheren Zeiten einen höheren Druck im interstellaren Medium erzeugten. Diese Annahme, die sich aus unseren Studien ergibt, muss durch die SKAO-Beobachtungen weiter bestätigt werden“, erläutert Fatemeh Tabatabaei.
Dank der Empfindlichkeit und Durchmusterungsgeschwindigkeit des SKAO wird dieses Observatorium wichtige Themen der Astronomie und Astrophysik erhellen. Zu seinen Zielen gehört es, die Entstehung von Strukturen im frühen Universum, die Bildung der ersten Sterne und Galaxien sowie die Entwicklung von Galaxien zu untersuchen. In den meisten Fällen werden diese Phänomene mit Hilfe von Durchmusterungen mit mehreren Wellenlängen untersucht, die verschiedene Himmelsbereiche in unterschiedlichen Entwicklungsstadien abdecken.
Zusätzliche Informationen
Diese Studie ist das Ergebnis einer internationalen Zusammenarbeit, deren Mitglieder sind: M. GhasemiNodehi (Institute for Research in Fundamental Sciences, Teheran, Iran [IPM]), Fatemeh S. Tabatabaei (IPM, Instituto de Astrofísica de Canarias, Teneriffa, Spanien [IAC], und Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg, Deutschland [MPIA]), Mark Sargent (International Space Science Institute, Bern, Schweiz [ISSI] und University of Sussex, Brighton, Vereinigtes Königreich), Eric J. Murphy (National Radio Astronomy Observatory, Charlottesville, USA), Habib Khosroshahi (IPM), Rob Beswick (Jodrell BankCentre for Astrophysics/e-MERLIN, The University of Manchester, Vereinigtes Königreich), Anna Bonaldi (SKA Organisation, Jodrell Bank, Macclesfield, Vereinigtes Königreich), und Eva Schinnerer (MPIA).
MN