Von Heidelberg ins Weltall

Das Weltraumteleskop James Webb startet mit Ausrüstung ins All, die am Max-Planck-Institut für Astronomie entwickelt und gebaut wurde.

20. Dezember 2021

Wenn voraussichtlich am 25. Dezember 2021 das Weltraumteleskop James Webb zu seiner Mission ins All aufbricht, werden am Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg entwickelte und gebaute Elemente mit an Bord sein. Darunter befindet sich ein Filterrad, das die MIRI-Kamera des Webb-Teleskops erst zu einem wissenschaftlichen Instrument macht, mit dem Astronominnen und Astronomen einige der drängendsten Fragen der Weltraumforschung beantworten wollen. Dieser Beitrag ist ein Baustein, der auch in Zukunft den Platz des MPIA in der Weltspitze der astronomischen Forschung sichern hilft.

Am 25. Dezember 2021 soll nach Jahrzehnten der Planung, Entwicklung und des Baus sowie mehreren Verzögerungen das Weltraumteleskop James Webb (JWST) mit einer Ariane 5-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ins All starten. Für zwei der an Bord befindlichen Messinstrumente hat das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg mehrere zentrale technische Komponenten beigetragen.

Das MPIA ist einer der Hauptpartner im europäischen Konsortium für MIRI (Mittel-InfraRot-Instrument). In dieser Rolle entwickelten Ingenieurinnen und Ingenieure des MPIA mit Unterstützung der Firma Hensoldt in Oberkochen unter anderem ein Filterrad für die MIRI-Kamera sowie zwei Gitterräder für den MIRI-Spektrografen. „Mit eigenen technischen Abteilungen wie Labors, einem Konstruktionsbüro sowie Werkstätten für Elektronik und Präzisionsmechanik hat das MPIA seit Jahrzehnten Erfahrung beim Bau von Messgeräten für Satelliten gesammelt. Diese Expertise war nun auch bei der Entwicklung dieser anspruchsvollen Komponenten für das JWST entscheidend“, erläutert Oliver Krause, Leiter der Forschungsgruppe für Infrarot-Weltraumastronomie am MPIA und Hauptverantwortlicher für die technischen Beiträge des Instituts.

Darüber hinaus ist das MPIA in dem MIRI-Konsortium federführend bei der Entwicklung des elektrischen Systems des MIRI-Instruments. MIRI wird im Bereich des infraroten Lichtspektrums arbeiten, der Wellenlängen zwischen fünf und 28 Mikrometern umfasst. MIRI ist dabei so empfindlich, dass es eine Kerze auf einem der Jupitermonde nachweisen könnte.

Weiterhin ist das MPIA an der Entwicklung eines Filter- und eines Gitterrads für das Instrument NIRSpec (NahInfraRot-Spectrograph) beteiligt. NIRSpec deckt einen Spektralbereich zwischen 0,6 und fünf Mikrometern ab.

Alle diese Kryomechanismen, also bewegliche Teile, die unter extremer Kälte betrieben werden, müssen Temperaturen bis hinunter zu -266 °C aushalten, die durch zusätzliche Kühlgeräte erreicht werden. Unter diesen Bedingungen würden herkömmliche Werk- und Schmierstoffe nicht funktionieren. Die Mechanismen müssen präzise, dauerhaft und vor allem wartungsfrei arbeiten. „Denn Reparaturflüge wie zu Beginn des Betriebs des Weltraumteleskops Hubble sind beim JWST nicht möglich, da es nicht in einer Erdumlaufbahn arbeitet, sondern in 1,5 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde betrieben wird“, sagt Thomas Henning, geschäftsführender Direktor des MPIA.

Die instrumentellen Hardware-Beiträge des MPIA und seiner industriellen Auftragnehmer zu diesen beiden JWST-Instrumenten wurden bereits in den Jahren 2012/2013 erfolgreich an die NASA geliefert. Seit damals mussten sich die Instrumente einer Reihe von strengen Testkampagnen unterziehen. Das JWST-Team des MPIA war maßgeblich an der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung dieser Tests bei der NASA in den USA beteiligt. Außerdem ist das MPIA-Team intensiv in die Entwicklung der zukünftigen Datenverarbeitungssoftware für das MIRI-Instrument eingebunden.

Für die technischen Beiträge erhalten die beteiligten Forschungsinstitute als Gegenleistung sogenannte GT-Programme (Guaranteed Time = garantierte Beobachtungszeit). Hier ist das MPIA, auch teilweise in leitender Funktion, intensiv beteiligt. Darüber hinaus konnten sich Astronominnen und Astronomen des MPIA einen großen Anteil an der Beobachtungszeit sichern, die allen Forschenden offensteht. Nur die besten Programme setzen sich im Rahmen einer Begutachtung im Wettbewerb um die knappe Ressource Zeit durch.

Als Co-Investigator des MIRI-Instruments leitet Henning eines der großen Wissenschaftsprojekte mit diesem Instrument. Er erläutert: „Wir wollen herausfinden, welches Baumaterial Planeten in ihren Geburtsstätten, den Scheiben aus Gas und Staub um junge Sterne, vorfinden. Dazu werden wir mit dem MIRI-Spektrografen die chemische Zusammensetzung des Gases und der Staubteilchen aufklären.“ Einige Astronominnen und Astronomen sind von den USA zum MPIA gewechselt, um dort mit dem JWST weltweite Spitzenforschung zu betreiben.

Das Weltraumteleskop James Webb, das unter der Federführung der NASA bereits seit 1996 entwickelt wurde, gilt bezüglich der zu erwartenden Erkenntnisse als der Nachfolger des Weltraumteleskops Hubble, das bereits seit über 30 Jahren beeindruckende Bilder wie auch bahnbrechende Entdeckungen liefert. Die Erwartungen an das JWST sind entsprechend hoch.

Hintergrundinformationen

Das MIRI-Konsortium besteht aus den ESA-Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz, Spanien und dem Vereinigten Königreich. JWST ist ein Gemeinschaftsprojekt der NASA, der ESA und der kanadischen Raumfahrtagentur CSA. Der Start des JWST ist für den 25. Dezember 2021 vorgesehen.

Die Arbeit des Konsortiums wird von den nationalen Wissenschaftsorganisationen finanziert; in Deutschland von der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die beteiligten deutschen Institutionen sind das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, die Universität Köln, und Hensoldt AG in Oberkochen, ehemals Carl Zeiss Optronics.

MN

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