Detailreiche Bilder eines planetaren Embryos zeigen Turboversion der Planetenentstehung

17. März 2016

Beobachtungen mit dem Radioteleskop VLA in New Mexico zeigen die inneren Partien der Planeten-Geburtsstätte rund um den jungen Stern HL Tauri so detailreich wie nie zuvor. Deutlich sichtbar ist dabei ein riesiger Staubklumpen mit dem drei- bis achtfachen der Erdmasse, der ideale Bedingungen für die Entstehung eines Planeten bietet. Die Masse des neuen Planeten dürfte zwischen jener der Erde und jener des Neptun liegen. Das Vorhandensein des Klumpens zeigt eine Lösung für ein grundlegendes Problem der Planetenentstehung auf: wie Planeten innerhalb der relativ kurzen Zeit entstehen können, die für ihr Wachstum zur Verfügung steht.

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Neue Beobachtungen mit dem Karl G. Jansky Very Large Array (VLA), einem Radioteleskop in New Mexiko, haben die bislang detailreichsten Radiobilder der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri geliefert. Bereits frühere Bilder, aufgenommen mit dem ALMA-Observatorium, hatten ein markantes Muster von hellen Staubringen in der Scheibe gezeigt. Das neue Bild zeigt einen massereichen Klumpen aus Staub im innersten der hellen Ringe. Die Gesamtmasse des Klumpens entspricht dem drei- bis achtfachen der Erdmasse. Thomas Henning, MPIA-Direktor und einer der beiden Leiter des Beobachtungsteams, erklärt: "Dieser Klumpen sieht wie eine Art Planeten-Embryo aus, der sich über die nächsten Millionen Jahre hinweg zu einem fertigen Planeten entwickeln dürfte."

Die neue Entdeckung hat weitgehende Konsequenzen. Bereits seit längerem ist bekannt, dass die einfachsten Modelle der Planetenentstehung ein Problem mit den Zeitskalen haben. In diesen Modellen ist die protoplanetare Scheibe aus Gas und Staub, die den jungen Stern umgibt, gleichförmig und homogen. Alles weitere spielt sich erst auf kleineren, dann auf immer größeren Längenskalen an: mit Staubteilchen, die aneinanderkleben, dabei größere Objekte bilden bis am Ende Planeten entstanden sind.

Das ist freilich ein recht langsamer Prozess, und diese Langsamkeit erweist sich als problematisch: Im Laufe von rund zehn Millionen Jahren werden Gas und Staub der Scheibe durch die intensive Strahlung des jungen Sterns förmlich hinweggepustet. Ohne Gas  und Staub als Rohmaterial ist die Planetenentstehung beendet. Haben sich bis dahin keine großen Planeten gebildet wird das auch anschließend nicht mehr passieren.

Die neuen Bilder geben Hinweise auf eine deutlich schnellere Version der Planetenentstehung. Dabei ergeben sich aus bestimmten Strömungsmustern des Gases der Scheibe Regionen mit besonders hoher Staubdichte, in denen die Planetenentstehung dann sehr viel rascher ablaufen kann als in einer homogenen Scheibe. Hubert Klahr, Leiter der Theoriegruppe Planeten- und Sternenstehung am MPIA, erklärt: "Vor zehn Jahren haben wir in unseren Simulationen erste Anzeichen für diese Art besonders schneller Planetenentstehung gefunden. Jetzt lassen sich die Details erstmals direkt beobachten: dichte Staubringe, in denen sich klumpige Fragmente bilden."

Weitere Untersuchungen sind in Arbeit und in Vorbereitung, die zum einen die Scheibe um HL Tauri genauer modellieren, zum anderen nachweisen sollen, dass der Staubklumpen noch weitere Materie auf sich zieht und auf diese Weise weiter wächst. Thomas Henning schließt: "Detailreiche Bilder wie dieses hier haben die Forschung zur Planetenentstehung auf eine neue Stufe gehoben. Offenbar sind Strukturen in der Scheibe wie der Klumpen, den wir entdeckt haben, notwendig, um die Entstehung von Planetensystemen wie unserem eigenen Sonnensystem zu erklären."

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Hintergrundinformationen

Die hier beschriebenen Ergebnisse werden beschrieben in dem Fachartikel von C. Carrasco-Gonzalez et al., "The VLA view of the HL Tau Disk - Disk Mass, Grain Evolution, and Early Planet Formation", zur Veröffentlichung akzeptiert in den Astrophysical Journal Letters.

Die beteiligten Forscher sind

Carlos Carrasco-González (Universidad Nacional Autónoma de México, UNAM), Thomas Henning (MPIA), Claire J. Chandler (National Radio Astronomy Observatory, NRAO), Hendrik Linz (MPIA), Laura Pérez (NRAO und Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn, MPIfR), Luis F. Rodríguez und Roberto Galván-Madrid (UNAM), Guillem Anglada (Consejo Superior de Investigaciones Científicas, CSIC), Til Birnstiel, Roy van Boekel (both MPIA), Mario Flock (JPL, Caltech), Hubert Klahr (MPIA), Enrique Macias (CSIC), Karl Menten (MPIfR), Mayra Osorio (CSIC), Leonardo Testi (ESO, INAF Arcetri, Excellence Cluster "Universe"), José M. Torrelles (CSIC-IEEC) und Zhaohuan Zhu (Princeton University).

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Fig. 1

Fig. 2

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